Der 23 Jährige Joachim H. aus Rosenheim (Name von der Redaktion geändert) kam von 2 Jahren mit dem Browsergame Space Pioneers in Kontakt. Sehr schnell entwickelte sich eine psychosomatische und auch körperliche Abhängigkeit von dem fesselnden Spiel, die nun letztlich in seiner Einweisung in eine geschlossene Heilanstalt endete. Zuletzt bot sein Tagesablauf ein stark durch das Spiel beeinflusstes Bild:
Um 6 Uhr morgens erwachte Herr H. aus einem kurzen und wenig erholsamen Schlaf. Wieder hatte er kaum ein Auge zugemacht. Da er von der irrigen Meinung befallen war, dass nur Dinge gesaved seinen, die sich in Bewegung befinden, hatte er wieder einmal alle Wertgegenstände aus seinem Haushalt und sein Main-Geldbörse über Nacht in seiner Waschmaschine auf Schleudersavegang geschickt. Obwohl er bereits drei Abmahnung wegen nächtlicher Ruhestörung seitens der Hausverwaltung erhalten hatte, konnte er diese Gewohnheit nicht mehr ablegen...leider war seine Maschine von guter Qualität und hatte hohe Antriebsstufen...deshalb musste er dreimal in der Nacht aufstehen und die Savegänge wieder Starten.
Voller Sorge um seine Zeitung stürzte er zu Haustür. Jeden Morgen lieferte der Zeitungsjunge ein Exemplar und legte es dort ab. Da Herr H. aber vom Wesen her Krieger war, verfügte er über keinen Handelsposten, indem die Zeitung hätte sicher gelagert werden können. Schon zweimal wurde die Zeitung ausgetimed und von Jemand erbeutet. Er hatte die Nachbarin in Verdacht, aber sie hatte nie einen Spiobericht hinterlassen, anhand dessen er hätte sie belangen können. Wegen der Übermacht ihres Angriffes bestand der Kampfbericht nur aus Bzzzz. Bzzzz..
Diesmal hatte er Glück, die Zeitung war noch da...rasch savte er sie in die Wohnung und begab sich zum Frühstückstisch. Rasch verzehrte er einige der Rees, die er gestern Abend noch im Supermarkt drei Straßen weiter gehandelt hatte. In dem kleinen Markt gegenüber hatte er seit zwei Wochen Hausverbot, nachdem er sich dreimal beim Marktleiter wegen überzogener Tritiumpreise beschwert und die Einkäufe abgebrochen hatte.
Nachdem er eine Main-Geldbörse an sich genommen und die restlichen Wertsachen wieder in die Waschmaschine geräumt hatte machte er sich auf den Weg zu Arbeit. Während seiner Abwesenheit ließ er seine Wohnungseinrichtung von einem Kegelbruder sitten. Dieser musste am dann die Wertgegenstände und etwaige eingetroffene Ressourcen in der Waschmaschine wieder auf Savegang schicken.
Früher was Herr H. immer mit dem Bus zur Arbeit gefahren. Dies traute er sich aber nicht mehr, weil er wegen der schlechten kommunalen Wirtschaftslage befürchtete, das Nahverkehrsnetz der Stadt sei mit zu schwachem Hyperraum ausgestattet. Da er nicht Gefahr laufen wollte, auf dem Weg zur Arbeit einem Abfang zum Opfer zu fallen, versteckte er sein Fahrrad in abfangsicherer Entfernung zu seiner Arbeitstelle. Um zu verhindern, dass diese Rad-Kolonie gefunden werden und er darauf ausgetimed werden könnte, versteckte er sein Fahrrad jeden Tag an einer anderen Stelle.
Nachdem er endlich sein Fahrrad erreicht hatte fuhr es rasch zur Arbeitsstelle. In seinem Büroturm gab es zwei Personenaufzüge, von denen er aber nur den größeren nutze, denn er befürchtete, dass der kleine Aufzug ebenso anfällig für Angriffe sei, wie ein kleiner Transporter. Oben angekommen betrat er sein Büro. In den letzten Wochen hatte er sich von seiner im Büro angeregten Stiftevermietung einen Zusatzverdienst versprochen, doch der morgendliche Blick auf seine ausgelegte Liste, zeigte, dass wieder keiner einen Stift von ihm geliehen hatte…Diese Dienstleistung scheint sich nur schwerlich zu etablieren, dachte er bei sich und setzte sich.
Der Vormittag verlief wie immer zäh und für ihn voller Sorge, ob er alles Mögliche gegen etwaige Angriffe getan hatte. Zu Mittagszeit fragten ihn seine Kollegen, ob er mit in die Kantine käme, doch schon lange war er nicht mehr dort gewesen. Wie immer antwortete er, dass er keinen Slot mehr für den Kantinengang mehr frei hätte, da er insgeheim immer sicherstellen wollte, sich noch Saven zu können, falls jemand eine MRK in seinem Büro setzen würde. Seine Kollegen hatten sich bereits an seine merkwürdigen Aussagen gewöhnt und dachten sich Ihren Teil…
Nachdem er einige von zuhause mitgebrachte Rees verzehrt hatte, machte er sich weiter an die Arbeit, um möglichst früh wieder zuhause sein zu können, da dem Kegelbruder nur noch ein Sitter-Login für seine Wohnung zur Verfügung stand.
Um 15 Uhr verließ er hastig seine Arbeitsstelle und setzte mit seinem Fahrrad eine neue Kolonie in nähe der Haltestelle. Er bestieg den Bus und setzte sich wie immer in die nähe des Ausgangs, um möglichst schnell in U-Mod springen zu können. Was dann geschah konnte nur noch schemenhaft durch Zeugenaussagen ermittelt werden.
Um 15:07 Uhr wurde er von dem zivilen Fahrkartenkontrolleur Martin S. nach seinem gültigen Fahrausweis gefragt. Herr H. gab zunächst keine Antwort, da er den Versuch witterte, man wolle nur herausfinden, ob er on sei. Als der Kontrolleur ihn dann immer energischer ansprach, sprang er plötzlich auf auf und packte den Mann mit den Worten „Du elende Petze willst mich wohl Abfangen lassen?“ und stieß in zu Boden. Sodann lief er zum Wagenfahrer und forderte ihn mit den Worten „Achtung das ist ein Saveabfang“ auf, den Bus zu stoppen und drohte ihm damit, sich an den Gamesupport der Kleinstadt zu wenden. Der Fahrer verständigte über Funk eine Polizeistreife, die Herrn H. ca. 10 min nachdem er den Bus verlassen hatte in einer Seitenstraße aufgriff. Mittlerweile hatte dieser sich Zugang zu einem Bankterminal verschafft und die Bankangestellte lauthals aufgefordert, alles für einen URL-Save bereits zu machen, da mit einem Abfang zu rechnen sei. Drei Polizeibeamten gelang es schließlich den Mann zu überwältigen, der während seiner Festnahme immer wieder schrie „Ich bin on und kann Saven!“….